Lange diskutiert, in seinen Details nicht unumstritten, ist es im März 2020 in Kraft getreten: das „Fachkräfte-Einwanderungs-Gesetz“ (abgekürzt „FKE“). Es soll die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Einwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten nach Deutschland verbessern und die Einwanderung somit effizienter strukturieren und attraktiver machen.
Denn sie fehlen mehr und mehr in Deutschland: Fachkräfte. Ob in der Pflege und in anderen Gesundheitsberufen… Ob Mechatroniker/in oder IT Fachkraft. Ob im traditionellen Handwerk oder im Bildungsbereich … Immer mehr Stellen bleiben unbesetzt. Ist es nur eine Frage der Arbeitskonditionen und schlechten Bezahlung bestimmter Berufe oder ist es einfach der demografische Faktor, der nicht mehr aufzuhalten ist, egal wie attraktiv man bestimmte Berufssparten machen würde? Oder ist es eine Kombination aus beidem. Hier streiten Gewerkschaften mit Arbeitgeberverbänden, Parteien untereinander …
Fakt ist und bleibt, dass Stellen monatelang ausgeschrieben sind und unbesetzt bleiben. Fakt ist, dass geeignete Bewerber/innen und Nachwuchskräfte fehlen. Und die Idee, Fachkräfte aus anderen europäischen Ländern zu holen, ist nicht so aufgegangen wie gewünscht: Spanische Krankenpfleger/innen, polnische Handwerker/innen wurden reihenweise nach Deutschland geholt – und sind heute wieder zurück in ihren Heimatländern, in denen auch der Fachkräftebedarf gestiegen ist.
Das Rekrutieren in Drittstaaten, auch in weit entfernten, nimmt weiterhin Fahrt auf. Im Bereich Pflege sind Rekrutierungsprojekte nicht nur in den Westbalkanstaaten, sondern auch in den Philippinen, Vietnam, Mexiko, Kolumbien oder Brasilien längst Realität. IT-ler aus Indien, Russland, der Ukraine oder Brasilien sind inzwischen unverzichtbare Mitarbeiter vieler deutscher Firmen.
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Was genau verändert das FKE?
In erster Linie wurde das Aufenthaltsgesetz geändert und die Vergabe von Aufenthaltstiteln neu geregelt. Vereinfacht wird somit die Arbeitsaufnahme, Arbeitssuche, Ausbildung und Ausbildungssuche für Personen aus Nicht-EU Staaten in Deutschland.
Im Detail heißt das unter anderem:
- Die Beschäftigung von Fachkräften mit Berufsausbildung oder akademischer Ausbildung wird in allen Berufen, für die sie qualifiziert sind, ermöglicht (§§ 18 bis 18b AufenthG). Eine Beschränkung auf die sogenannten Engpassberufe entfällt.
. - Die Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit entfällt (§ 39 AufenthG).
. - Es dürfen auch Fachkräfte mit Berufsausbildung zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland einreisen (dies war bisher den akademisch ausgebildeten Fachkräften vorbehalten), wenn sie über deutsche Sprachkenntnisse verfügen. Probebeschäftigungen bis zu 10 Stunden pro Woche sind möglich (§ 20 AufenthG).
. - Die Einreise zur Suche nach einem Ausbildungsplatz wird ermöglicht, wenn der Lebensunterhalt gesichert ist und gute Deutschkenntnisse nachgewiesen werden können.
. - Ein Aufenthalt für Qualifzierungsmaßnahmen soll erleichtert und ausgebaut werden. Dies betrifft vor allem die sogenannten reglementierten Berufe, wie zum Beispiel die Gesundheitsberufe. Mit hinreichenden deutschen Sprachkenntnissen können die Fachkräfte einreisen, um die Unterschiede zur deutschen Berufsausbildung (ihre „Defizite“) in Deutschland auszugleichen (§ 16d AufenthG, früher § 17a). Das Arbeiten während der Qualifzierungsmaßnahmen wird ausdrücklich erlaubt und der erforderliche berufsfachliche Zusammenhang gelockert. Dies betrifft vor allem die medizinischen Berufe. Die Aufenthaltserlaubnis während der Qualifzierung kann von 18 auf maximal 24 Monate verlängert werden. Eine Einreise vor Beginn des Anerkennungsverfahrens ist möglich. Voraussetzung ist allerdings die Vermittlungsabsprache der BA mit der Arbeitsverwaltung des Herkunftslandes. Diese Regelung gilt ausdrücklich für Gesundheits- und Pflegeberufe sowie „sonstige ausgewählte Berufsqualifikationen“ (§16AufenthG). Andere Fachkräfte benötigen vor der Einreise die Anerkennung ihrer Berufsqualifikationen oder einen als vergleichbar anerkannten Hochschulabschluss (Ausnahme sind hier derzeit nur IT-Fachkräfte).
. - Ein sogenanntes „beschleunigtes Fachkräfteverfahren“ soll die Dauer der Anerkennungsverfahren auf 2 Monate verkürzen. Voraussetzung ist eine Vereinbarung, die der Arbeitgeber mit der zuständigen Ausländerbehörde, häufig der zentralen Ausländerbehörde des jeweiligen Bundeslandes schließt. Diese leitet das Anerkennungsverfahren ein und dient als zentraler Ansprechpartner für den Arbeitgeber. Auch für die erforderliche Zustimmung der BA sowie für die Beantragung und Erteilung des Einreisevisums gilt eine verkürzte Frist. Für das beschleunigte Fachkräfteverfahren fallen Kosten in Höhe von 411 Euro an, die der Arbeitgeber zu tragen hat (§ 81a AufenthG).
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Geblieben ist die Tatsache, dass die Anerkennung einer Berufsqualifikation als Ländersache regional geregelt ist und ein von der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis getrenntes eigenständiges Verfahren bleibt. Die regionalen Unterschiede in Bezug auf die Anerkennungspraxis bleiben und länderübergreifende Projekte für die Anerkennung, zum Beispiel in den Pflegeberufen, haben es weiterhin schwer.